📚 Janine stellt vor: Fünf Tage, die uns bleiben


Letzte Woche haben Kathi und Zwerghuhn euch ein Buch vorgestellt, welches "nicht nur unglaublich spannend, atemberaubend schön und hochintelligent, sondern absolut unvergesslich" ist. In Woche 56 unseres Projekts "vergessene Schätze" stellt euch erneut Janine einen ihrer Schätze vor:
Klappentext:

Chorea Huntington nennt sich die Erbkrankheit, an der die 42-jährige Mara, erfolgreiche Anwältin und Mutter einer 5-jährigen Tochter, leidet. Mit dieser Diagnose gilt man als ›unheilbar krank‹. Die Gehirnzellen sterben nach und nach ab und man verliert immer mehr die Kontrolle über seinen eigenen Körper. Für die ehrgeizige Mara ist das natürlich eine Horrorvorstellung: auf die Hilfe anderer Leute angewiesen zu sein, früher oder später in einem Pflegeheim zu landen und zum Schluss nicht mal mehr etwas von der Umwelt wahrzunehmen, geschweige denn seine Liebsten zu erkennen. - Das kann Mara auf gar keinen Fall eintreten lassen. Also gibt sie sich selbst ein Versprechen. Ein Versprechen, das mit akribischer Planung und Abschiednehmen zu tun hat ...



Janines Meinung:


Erkennt man den perfekten, letzten gemeinsamen Moment, wenn er da ist?


Über Chorea Huntington habe ich bisher noch nicht viel gehört. Mit welchen Symptomen man dabei zu rechnen hat, wusste ich ebenso wenig, wie von der Tatsache, dass diese Krankheit früher oder später zum Tod führt. Nach dieser Lektüre bin ich ein wenig schlauer und kann mir gut vorstellen, was es bedeutet mit so einer Diagnose konfrontiert zu sein. Vor allem habe ich das der Protagonistin Mara zu verdanken, die mir sehr gut verständlich machen konnte, was es heißt, mit den Chorea Huntington-Symptomen und dem ständigen Wissen, dass seine Tage auf dieser Welt gezählt sind, zu leben.

Mara war mir, als ich sie anfangs kennengelernt habe, gar nicht so sympathisch. Sie erschien mir erst viel zu ehrgeizig und karrieregeil, so dass sogar ihre kleine Familie (Tochter und Ehemann) hintangestellt wurde. Durch das Fortschreiten ihrer Krankheit wurden ihr aber die Augen geöffnet und sie hat verstanden, dass Zeit ein kostbares Gut ist und sie diese mit den allerwichtigsten Menschen in ihrem Leben verbringen will. - Diese Entwicklung fand ich sehr sympathisch, auch wenn es mich im ersten Moment etwas traurig gestimmt hat, dass man so eine Erkenntnis oftmals erst hat, wenn man dem Tod ins Auge blicken muss.

Aber die Gefahr drohte ja nicht von außen, und es war egal, wie nah er sie zu sich heranzog, dass er ihren Körper mit seinem bedeckte - sie wusste, dass er sie nicht vor dem Angriff ihres eigenen Körpers schützen konnte. (S. 97)

Eigentlich gibt es in dem Buch zwei verschiedene Erzählstränge: zum einen Mara mit ihrer Krankheit, ihren Ängsten, aber auch Plänen für die Zukunft und zum anderen Scott, eine Internetbekanntschaft von Mara, der auch mit dem "einen oder anderen" Familienproblem umzugehen hat und sich, ebenso wie Mara, mit dem Abschiednehmen konfrontiert sieht. Über ein Forum kommunizieren die beiden miteinander und Spenden sich gegenseitig Trost.
Für mich waren beide Erzählstränge optimal, denn hätte ich nur von einem der beiden gelesen, wäre mir die ganze Story vielleicht zu bedrückend/zu schwer vorgekommen. Diese Abwechslung fand ich gut und auflockernd. So lag der Fokus nicht nur beim Traurigen, sondern auch am Schönen/Hoffnungsspendenden.
Die wirklich berührenden Stellen waren, vor allem zum Ende hin, eh so traurig, dass ich (nach ziemlich langer Zeit mal wieder) erst nur mit den Tränen zu kämpfen hatte und dann, als der Abschied für Mara wirklich in greifbarer Nähe war, einen richtigen Heulkrampf bekommen habe (von dem ich mich auch gar nicht so schnell wieder gefangen habe).

Musste man denn die perfekte Kontrolle über seine Gliedmaßen haben, um eine gute Mutter zu sein? Ging es nicht vielmehr um Liebe, eine so starke Liebe, dass man die Chance, das alles hinter sich zu lassen, verstreichen ließ, um für sein Kind da zu sein, egal, in welcher Verfassung? (S. 257)

Dieses Buch lässt sich wirklich flüssig lesen, man mag es gar nicht aus der Hand legen. Man erfährt darin viel über die Erbkrankheit Chorea Huntington im Allgemeinen, wie auch über die Symptome und das Leben mit ihr.
Maras Geschichte befasst sich viel mit dem Thema "das Leben meiner Liebsten nach meinem Tod" und dem Abschiednehmen von den Menschen, die im Leben das Allerwichtigste sind. Das Leben und den Moment zu genießen, aber auch glücklich mit und dankbar für die Menschen zu sein, die das eigene Dasein bereichern, sind Botschaften, die die Autorin mir mit diesem Roman bewundernswert einfühlsam und berührend vermitteln konnte.

* * * * * * * * * * * * *

weitere Buchzitate:

~ Rationalität und Logik haben wohl nichts zu melden, wenn man 
plötzlich mit der Diagnose ›unheilbar krank‹ klarkommen muss. ~ (S. 105)

~ Wenn jemand wegen seiner Krankheit irgendetwas Komisches macht, was man nicht 
gut findet, muss man sich ganz viel Mühe geben, nicht böse auf denjenigen zu sein. 
Weil nämlich die Krankheit schuld daran ist, nicht der Mensch. ~ (S. 276)

©2015



Meinungen von anderen Lesern:

Jane von Mademoiselle Cake liest



Na, was meint ihr?
Habt ihr das Buch schon gelesen? (hinterlasst doch einen Link zu eurer Rezension und ich verlinke auch euch)
- Empfindet ihr genauso?
- Habt ihr eher eine andere Meinung davon?
- Wandert das Buch direkt auf eure Wunschliste?
- Liegt es gar schon auf dem SuB?

Share this:

JOIN CONVERSATION

    Blogger Comment

0 commenti:

Kommentar veröffentlichen

Freundliche Kommentare sind immer gerne gesehen und werden zeitnah beantwortet.
Ich freue mich über einen regen Austausch.

Mit dem Abschicken deines Kommentars akzeptierst du die Datenschutzbedingungen und erklärst dich damit einverstanden, dass deine Daten entsprechend der Datenschutzbestimmungen der DSGVO gespeichert und weiterverarbeitet werden (z.B. bei Verlosungen).